Katastrophentourismus

Egal ob in Deutschland (Bayern) eine Eislaufhalle einstürzt, in Russland ein Schwimmbad oder in Polen eine (Markt-)Halle – Katastrophentouristen sind vor Ort und machen Fotos, staunen über das Unglück und die Trümmer. Sie sind fasziniert von dem Maß der Zerstörung und nachher stolz, wenn sie Freunden und Verwandten die Fotos vom Unglücksort präsentieren können. Tut mir leid, aber ich verstehe diese Menschen einfach nicht, die damit protzen bei welchen Aufräumarbeiten sie dabei gewesen sind. Rumstehen und gaffen hat noch nie jemandem geholfen. Gestern wieder so ein Fall, zwar nicht zu vergleichen mit denen, die in den letzten Monaten durch die Medien gingen, aber schon eine schwache Form von Katastrophentourismus. Als ich gestern mit dem Bus unterwegs war, standen auf einer Brücke, die über die A2 führt, Menschen und schauten direkt nach unten auf die Autobahn wo scheinbar ein Unfall passiert war. Zwar konnte ich nur einen kurzen Blick in ihre Gesichter erhaschen, aber was ich dort sah war auf keinen Fall Betroffenheit. Nein, diese Leute auf der Brücke lächelten. Schon toll, wenn an einem Unfallort zwei Polizeifahrzeuge und drei Krankenwagen benötigt werden, nicht wahr? Die zwei Notarztwagen nicht zu vergessen. Und wenn man dann dabei noch einen Blick auf die Verletzten und vielleicht toten Menschen erhaschen kann! Einsame Spitze! Und nachher kann man dann zu Hause mal wieder sagen: "Ich bin dabei gewesen! Ganz schön übel sahen die aus. Und die Autos-Totalschaden!" Tut mir leid, aber für mich haben die Leute einen Totalschaden, die sich in solchen Situationen an dem Unglück der anderen ergötzen!

[audio:https://www.julia-emde.de/inside/weblog/wp-content/uploads/2006/05/katastrophentourismus.mp3]

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Kommentare

8 Antworten zu „Katastrophentourismus“

  1. Hallo zusammen!

    Zu dem Audiokommentar:

    Ich beschäftige mich momentan mit dem Thema Gaffer und Katastrophentourismus, und ich kann dir nur zustimmen! Aber psychologisch spielt sich ein grosser Prozess ab im innern des “Gaffers oder Helfers”. Sein persönliche ICH wird dadurch gestärkt, weil man andere sieht, denen es schlechter geht! Die Folgen die Entschtehen wie eben z.B. Verkehrsstau und anderes, sind die logische Folge davon. Ich rege mich auch immer wieder auf, wenn ich einen grossen Kreis irgendwo in der Stadt sehe, und ich genau weiss, dass das alles Gaffer sind. Vor allem stört es mich, wenn sie dann noch die Rettungskräfte behindern!

    Freundliche Grüsse
    Fabian

  2. Kathrinsche

    Ich kann die Gaffer auch nicht wirklich leiden. Ich habe zwar nicht direkt mit solchen Leuten zu tun, aber wenn es auf der Auteobahn einen Unfall gegeben hat und sich auf der anderen Fahrspur ein Gafferstau entwickelt, könnte ich platzen. Sowas macht mich immer total agressiv. Und die Gaffer sind dann ausgerechnet die Leute, denen es nicht schnell genug gehen konnte und die einen vorher an den unmöglichsten Stellen überholt haben.

  3. versteh nich warum du dich so aufregst und es dir so leid tust das du so denkst – nehm es doch gelassen hin das die spanne der menschlichen lebenseleganz von affig bis weltmännisch-gelassen reicht – die hauptsache du kannst dich auf der dir angenehmen seite einordnen!

  4. @ @ Supimaus: Ja, warum denn nicht!
    Danke für den Zuspruch! :)

  5. Supimaus

    Huhuu! Also zu dem Beitrag ist ja nu genug gesagt worden. Aber da ich heute zum ersten mal hier bin, muss ich mal diese Audio-Aufnahmen lobend erwähnen, weil ich die nämlich tooootal spitze finde! Ob ich mich mal hinsetz und mir auch n Blog bastel? Weiter so Julia, mir gefällts hier gut! :-)

  6. Ein Freund von mir ist auch Feuerwehrmann und was der mit immer erzählt ist wirklich Hammer. Auf der Autobahn kommen teilweise wirklich Menschen aus dem Stau nach ganz vorne und schauen sich das ganze an. Ich kanns auch nicht verstehen.

    Wobei ich glaube, dass unsere Gesellschaft immer mehr zu Voyeuristen mutiert.

  7. Ich bin seit Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr und ich kann dir von solchen asozialen Menschen ein Lied singen.

    Ich habe auch kein Verständnis, wie man sich an dem Leid von anderen Menschen erfreuen kann!

  8. Carsten

    Ich verstehs auch einfach nicht. Hab ja ständig mit solchen Arschlöchern zu kämpfen. Viele gaffen auch nicht nur, sondern stehen auch noch dumm im Weg rum. Wir haben schon nen Auto samt Insassen von der Straße gewuchtet, weil die Drehleiter durchmusste und die ihren Platz in der ersten Reihe nicht räumen wollten. Da hatter dann doch Angst um sein Auto bekommen und das Feld geräumt. Wir müssen uns ständig gegenseitig davon abhalten, einem solcher Leute die Nase zu brechen. Und eigentlich hat man da ja besseres zu tun, als sich mit solchen Leuten rumzuärgern. Die Härte war aber ein Unfall auf ner Landstraße, bei dem zwei 14-jährige Fußballer ums Leben kamen und zwei weitere und der Fahrer schwer verletzt wurden. Da standen plözlich 150 Erntehelfer von den umliegenden Feldern um uns rum und gafften und machten Fotos. Ich wär fast Amok gelaufen.

    Die sehen das ja auch nicht ein und beschweren sich hinterher noch, das man sie unfreundlich behandelt hat. Wir hatten mal nen Hochwasser. 1 Meter Wasser auf der Straße und darunter hatten wir die Gullis geöffnet und wir konnten die Kinder der Nachbarschaft nicht davon abhalten, sich den offenen Gullis zu nähern. Die Eltern grinsten auch nur blöd, wenn wir sie gebeten haben, ihre Blagen in den Griff zu bekommen. Irgendwann hatte nen Kamerad nen Kreislaufzusammenbruch und ein Rettungswagen kam. Die Kinder haben gefragt, was der denn wollte und ich hab denen erzählt, dass ein anderes Kind auch nicht hören wollte und in den Gulli gefallen und fast ertrunken ist. Danach waren die Bälger weg vom Gulli, dafür kamen die Eltern an, und meinten, wie ich ihren Kindern sowas erzählen könnte. Hab gesagt, ich lüg es lieber den Kindern vor, die nicht hören, als es später den Eltern erzählen zu müssen, die ihre Kinder nicht erziehen können, nur dass es dann wahr ist.